Nachhaltigkeit in der Praxis
Iffa rückt effiziente Produktion und Ressourcenschonung in den Mittelpunkt
Montag, 07. April 2025
| Redaktion
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Recyclingfähige Monomaterialien unterstützen die Kreislaufwirtschaft
Recyclingfähige Monomaterialien unterstützen die Kreislaufwirtschaft, Bild: LMV-online.de / Susanne Woggon

Die Fleischverarbeitung gehört zu den Branchen mit hohem Energie-, Wasser- und Materialverbrauch. In der Produktion und Verpackung gilt es daher, die Prozesse möglichst nachhaltig und ressourcenschonend zu gestalten. Dies nützt nicht nur der Umwelt, sondern steigert auch die Effizienz und senkt die Kosten. Die Iffa zeigt unter ihrem Leitthema „Nachhaltigkeit in der Praxis“, welche Technologien dabei zum Einsatz kommen. Die Weltleitmesse zeigt vom 03. bis 08. Mai 2025 in Frankfurt am Main den aktuellen Stand der Technik rund um Fleisch und alternative Proteine.

Ob Energieeffizienz, Prozesseffizienz oder Ressourceneffizienz: „Nachhaltigkeit ist immer mit Effizienz verbunden“, sagt Klaus Schröter, Vorsitzender der VDMA-Fachabteilung Prozesstechnik für Fleisch- und Proteinverarbeitung. Er betont, dass Maschinen- und Anlagenbauer permanent Lösungen entwickeln, die Verbrauchsmedien und Materialien wie Wasser, Kälte, Reinigungsmittel oder Druckluft reduzieren. Wo Abwärme entsteht, kann sie in anderen Betriebsbereichen genutzt werden. Auch Solartechnologie wird in Prozesse eingebunden, um sie energieeffizient zu gestalten. 

Die Steigerung der Energieeffizienz ist der größte Hebel, um mehr Nachhaltigkeit in der Lebensmittelproduktion zu erreichen. Gleichzeitig können Kosten gesenkt werden. Bis zu 60 Prozent des gesamten Energiebedarfs entfallen auf die Wärmeerzeugung und die anschließende Kühlung. Wärme ist erforderlich, um zu kochen, zu dämpfen, zu garen, zu sterilisieren und zu reinigen. Kälte wird benötigt, um Fleisch zu kühlen und so unter anderem für Lebensmittelsicherheit zu sorgen. 

Wärmepumpen fördert Energieeffizienz

Auch in der Fleischerei-Industrie sind Wärmepumpen zunehmend das Mittel der Wahl, wenn es um Energieeffizienz geht. In Kombination mit kompressorbasierten Prozesskühlsystemen ermöglichen sie umweltfreundliches Kühlen und Heizen in einem geschlossenen Kreislauf. Das senkt den Energieverbrauch um rund 30 Prozent und reduziert die CO2-Emissionen um etwa die Hälfte. Denn fossil befeuerte Heizkessel werden überflüssig. Zudem verhindern die Wärmepumpen, dass Abwärme ungenutzt aus der Kälteanlage entweicht. Sie erwärmen diese auf bis zu 90 Grad und machen sie anderweitig nutzbar, zum Beispiel für Wasch- und Reinigungsprozesse oder zum Erhitzen von Wasser für Prozesszwecke wie Pasteurisieren, Bleichen und Trocknen. Ein logischer weiterer Schritt auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Produktion in der Fleischindustrie ist der Einsatz von Photovoltaikanlagen, die Wärmepumpen betreiben. Auch eignet sich die Implementierung von Biogasanlagen, die organische Abfälle aus der Fleischproduktion zur Energiegewinnung nutzen. Ein mittelgroßer Schlachtbetrieb kann auf diese Weise rund 1.500 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.

Wassereinsparung durch Abwassernutzung und Hygienic Design 

Ähnlich wie Abwärme kann auch Abwasser aus der Produktion aufbereitet und für weniger kritische Prozesse wie Reinigung oder Kühlung genutzt werden. Ein übliches Verfahren zur Wiederverwendung von Prozesswasser ist die zusätzliche Aufbereitung durch Filtrationstechnologien wie Ultrafiltration oder Umkehrosmose. Neben der Abwasserbehandlung bietet das Hygienic Design von Maschinen und Anlagen einen weiteren Ansatzpunkt, um effizient und damit nachhaltig mit der Ressource Wasser umzugehen. Geschlossene Maschinenkörper, geneigte, polierte Edelstahlflächen und bündig eingelassene Abdeckungen tragen dazu bei, den Verbrauch von Wasser und Reinigungsmitteln zu reduzieren. 

Künstliche Intelligenz steuert die Kühlung von Produktionsprozessen

Auch künstliche Intelligenz ist ein wichtiger Treiber, um Produktionsprozesse nachhaltiger zu gestalten. Ein Beispiel ist die KI-gestützte Steuerung von Kühlhäusern. KI passt die Kühlkurve automatisch an, wodurch Stromverbrauch und CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden können. Intelligente Motorsteuerungen verbessern die Effizienz von Arbeitsmaschinen, indem sie genau die Leistung bereitstellen, die benötigt wird. Das Beispiel von Schneidemaschinen zeigt, dass je nach Widerstand ein Steuerungsmodul die Leistung des Motors regelt. Nur bei schwer zu schneidenden Produkten entfaltet der Motor sein volles Drehmoment. Durch die bedarfsgerechte Steuerung verbrauchen entsprechende Geräte bis zu 45 Prozent weniger Strom als herkömmliche Maschinen. Weitere Einsparungen lassen sich durch moderne Antriebstechnik erzielen, etwa durch Servomotoren in Vakuumfüllmaschinen oder Kuttern. Angesichts der hohen Industriestrompreise dürften sich entsprechende Investitionen schnell amortisieren.

Zudem setzen Forscher auch bei der Entwicklung einer möglichst perfekten Verpackung auf künstliche Intelligenz. Diese sollen nicht nur eine gute Ökobilanz aufweisen, sondern auch ganz unterschiedliche Anforderungen erfüllen. Dazu gehören Haltbarkeit, Design, Kundenakzeptanz und nicht zuletzt die Kosten. Im interdisziplinären Forschungsprojekt „KIOptiPack“ arbeiten Wissenschaftler gemeinsam mit beteiligten Unternehmen an einer Software, die mit Hilfe künstlicher Intelligenz Vorschläge für bestmögliche Verpackungsdesigns mit minimalem Materialeinsatz und hohem Rezyklatanteil macht. So können Unternehmen nachhaltige Verpackungslösungen ohne aufwändige Testphasen realisieren.

Biobasierte Verpackungen erhöhen die Recyclingquote 

Bei Verpackungen geht es um den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, in der durch Wiederverwendung und Recycling möglichst wenig Abfall entsteht. Den rechtlichen Rahmen dafür bildet die neue EU-Verpackungsverordnung, die am 11. Februar 2025 in Kraft getreten ist. Sie betrifft nahezu alle Branchen, auch die fleischverarbeitende Industrie. Sie schreibt unter anderem vor, dass bis 2030 40 Prozent und bis 2040 70 Prozent der Verpackungen wiederverwendbar sein müssen. Auch bestimmte Anteile an Recyclingmaterial werden festgelegt. So müssen Verpackungen, die nicht aus PET bestehen und mit Lebensmitteln in Berührung kommen, bis 2030 zu zehn Prozent und bis 2040 zu 25 Prozent aus Rezyklaten bestehen. 

Auch in die Gestaltung der Verpackungen greift die Verordnung ein. Sie sollen möglichst leicht, klein und trennbar sein. Forscherinnen und Forscher arbeiten deshalb an biobasierten Varianten aus nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel Meeresalgen, die entweder recycelbar oder kompostierbar sind. Für eine effektivere Kompostierung werden Enzyme in die Biokunststoffe eingearbeitet. Mehrschichtverbunde können durch den enzymatischen Abbau einer Zwischenschicht stofflich getrennt und recycelt werden. Beschichtungen auf Basis von Molkenproteinen reduzieren die Sauerstoffdurchlässigkeit.

Die Substitution herkömmlicher Kunststoffverpackungen durch Papierverbunde ist ein weiterer Trend. Mit Nanocellulose beschichtete Papierverbundverpackungen sind als Monomaterial zu 100 Prozent über den Altpapierstrom recycelbar. Die Cellulose wirkt zudem als Sauerstoffbarriere. Um die Recyclingquote zu erhöhen, wird auch an einer besseren Trennbarkeit der gängigen Mehrschichtverpackungen geforscht. Das Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV setzt dazu ein lösemittelbasiertes Verfahren ein, das die Zielkunststoffe als Monomaterial aus Mischkunststoffen oder Verbunden herauslöst und zu hochwertigen Regranulaten verarbeitet. Damit können die Recyclingquoten von Verbundverpackungen und Mehrschichtfolien deutlich erhöht werden.

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