Delikate Garnelen aus den österreichischen Bergen
Software-Plattform Zenon steuert Leittechnik in der White Panther-Garnelenzucht
Mittwoch, 17. Juli 2024
| Redaktion
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Garnelenbecken zur Garnelenzucht bei White Panther
In den 56 Garnelenbecken müssen viele Parameter konstant gehalten sowie die Durchfluss- und Futtermengen exakt gesteuert werden, Bild: Copa-Data

Weitab von jedem Meer züchtet White Panther inmitten der österreichischen Alpen Garnelen. Elektrizität und Wärme aus eigenen Wasser- und Biomassekraftwerken sowie die frische statt tiefgekühlter Lieferung machen die Produktion nachhaltig. Reinstes Wasser vom Gebirgsbach und die exakte Steuerung der Lebensbedingungen in den Zuchtbecken mittels Softwareplattform sowie der Verzicht auf Antibiotika, Hormone oder Chemie machen die Gebirgsgarnelen zu einer ebenso gesunden wie schmackhaften Delikatesse. Für die Beschaffung von Garnelen, Scampi und allen Vertretern dieser Gattung werden die größtenteils entweder aus den Weltmeeren gefischt oder in Aquakulturen meist in Meeresbuchten gezüchtet. Da die Transportwege oft sehr lang sind, erreichen sie den Handel und schließlich die Verbraucher in gefrorener Form. Leider ist diese Produktionsweise ebenso wie die dazugehörige Logistik äußerst umweltschädlich, da bei der Herstellung viele Schadstoffe freigesetzt werden und der ökologische Fußabdruck dementsprechend groß ist.

Ökologisch nachhaltige Garnelenzucht

Das geht auch anders, denn Aquakulturen für die Garnelenzucht gibt es auch in den küstenfernen Alpen. Zu den größten Zuchtanlagen in Europa gehört die White Panther Produktion. Im obersteirischen Rottenmann züchtet sie weiße Tigergarnelen und blaue Gebirgsgarnelen, eine Rarität, die besonders von Gourmets geschätzt wird. Nach der endgültigen Fertigstellung der Anlage sollen jährlich etwa 60 Tonnen der Delikatessen die Zuchtbecken verlassen. Als einzige Brutzuchtanlage (Hatchery) Europas verwendet White Panther Postlarven nicht nur für die eigene Zucht, sondern beliefert damit auch 48 Indoor-Garnelenzuchten in und um Europa. „Sie werden stressfrei in frischem, salzhaltigem Quellwasser mit artgerechtem Futter ganz ohne Antibiotika, Hormonen und Chemikalien aufgezogen und sind daher auch für den Rohverzehr geeignet“, erklärt Eva Keferböck, Geschäftsführerin von White Panther Produktion. „Da der meiste Geschmack in Kopf und Schale steckt, liefern wir die Krustentiere im Ganzen und aufgrund der kurzen Transportwege erreichen sie unsere Kunden frisch statt tiefgekühlt.“ Das sind neben Einzelhändlern und Restaurants auch Verbraucher, die im lokalen Gebirgsgarnelenshop kaufen oder online bestellen.

Kreislaufwirtschaft als Gründungsidee

Auch bei der autarken Energie- und Wärmeversorgung liegt der Fokus des Betriebs auf Nachhaltigkeit. Die Eigentümerin der Muttergesellschaft, die FKF Forst- und Gutsverwaltung, suchte und fand mit der Garnelenzucht eine Möglichkeit zur ökologisch nachhaltigen, kreislaufwirtschaftlichen Nutzung der vorhandenen natürlichen Ressourcen. Dazu gehören mehrere Bäche, an denen fünf unternehmenseigene Kleinwasserkraftwerke 30 Gigawattstunden Strom pro Jahr liefern. Damit könnte die FKF die Stadt Rottenmann komplett versorgen. Zusätzlich produziert ein Biomassekraftwerk Strom und Aktivkohle aus Holz aus den eigenen Wäldern sowie Wärme. Diese wird genutzt, um die insgesamt 2.500 Kubikmeter Almbachwasser in den 56 Garnelenbecken der 90 mal 30 Meter großen Halle auf konstant 28 Grad Celsius zu halten. Aufgrund der völlig autarken Energieversorgung könnte die Garnelenzucht auch bei einem großflächigen Blackout ungehindert betrieben werden.

Prozesstechnische Pionierleistung

Für ein gesundes Heranwachsen der Gebirgsgarnelen müssen sowohl die Temperatur, der Salz- und Sauerstoffgehalt sowie die Konzentration von Ammonium, Nitrat, Redox und der pH-Wert konstant gehalten und die Durchflussmengen genau geregelt werden. Ebenso heikel ist die Zuführung wechselnder Futtermengen, die mittels Futterautomaten oberhalb des Beckens dosiert eingebracht werden. White Panther ist einer von nur zwei Betrieben in Europa, die in der Garnelenzucht mit Frischwasser arbeiten. Alle anderen nutzen die Biofloc-Technologie, bei der Mikroorganismen im Wasser die Nahrungsgrundlage für die Zuchttiere bilden. „Wir konnten daher nicht auf Erfahrungswerte und Branchenstandards zurückgreifen und mussten in vielen Bereichen Pionierarbeit leisten“, berichtet Richard Pichlmaier, Technischer Betriebsleiter der White Panther Produktion. „Dabei unterstützt uns die Leittechnik auf Basis von Zenon.“

Selbstimplementiertes Leitsystem

Dank seiner langjährigen beruflichen Tätigkeit kennt Pichlmaier die Software-Plattform Zenon von Copa-Data seit über 30 Jahren und hat auch in den hauseigenen Wasserkraftwerken wertvolle Erfahrungen damit gesammelt. Die Softwareplattform ermöglicht einen automatisierten Betrieb aller fünf Wasserkraftwerke über eine gemeinsame Leitwarte und lässt sowohl den Fernzugriff als auch die lokale Bedienung und Überwachung der einzelnen Anlagen zu. Die ursprünglichen Installationen der Brandlabel-Version Sicam 230 wurden vom betreuenden Unternehmen inzwischen durch Zenon ersetzt. Auch das Holzgaskraftwerk ist mit einem Leitsystem auf Basis der Softwareplattform ausgestattet. Die Steuerungs- und Leittechnik für die eigentliche Garnelenzucht hat White Panther selbst implementiert. „Mit einem Nettoaufwand von weniger als zwei Monaten habe ich das Leitsystem zum Bedienen und Beobachten mit allen Bildern ganz ohne fremde Hilfe erstellt", merkt Pichlmaier an. Lediglich die Programmierung der SPS auf der Ebene zwischen zenon und den Messtechnikkomponenten habe ich an einen externen Dienstleister vergeben."

Einfache Anpassung durch No-Code System

Um die richtige Geschwindigkeit des Nitratabbaus zu erreichen und das Wasser effizient im Kreislauf zu halten, muss die Regelung der Anlage während des Betriebs häufig angepasst werden. Pichlmaier betont, dass viele Einstellungen weiterhin sukzessive optimiert werden müssen, um das Ziel von 60 Tonnen Garnelen pro Jahr zu erreichen. Hierbei bietet Zenon einen Vorteil, da Anpassungen ohne Programmieraufwand einfach durch das Setzen von Parametern vorgenommen werden können. Die Software hilft beim Darstellen von aktuellen und historischen Werten von Variablen in Kurvenform. Der „Erweiterte Trend“ ermöglicht die gleichzeitige Darstellung von beliebig vielen Kurven mit unterschiedlicher Skalierung und einer frei parametrierbaren y-Achse für jede Kurve. Durch dieses Feature können die richtigen Werte als Parameter für eine detaillierte Prozess-Analyse schnell identifiziert werden. Eine der nächsten geplanten Maßnahmen ist die Nutzung der Zenon Report Engine für zentrale Cockpit-Funktionalitäten. „Wir entwickeln unsere Anlagen laufend weiter“, erklärt Pichlmaier. „Mit Zenon als Basis für unser Leitsystem haben wir die Gewissheit, dass die Anlage jederzeit problemlos an neue Anforderungen angepasst werden kann.“
 

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