Fonterra nimmt Vollmilch-Trocknungsanlage in Betrieb

Vermutlich die weltweit erste erdbebensichere Anlage dieser Art

Die Anlage von Fonterra in Pahiatua Neuseeland

GEA hat für Fonterra in Neuseeland eine einzigartige Vollmilch-Trocknungsanlage gebaut. Einzigartig ist sie nicht aufgrund ihrer Größe, die sie mit 15 Tonnen in der Stunde zu einer der größten Anlagen in der Welt macht; auch nicht aufgrund der Geschwindigkeit, mit der sie gebaut wurde, sondern aufgrund ihrer Bauweise: Die Anlage in Pahiatua befindet sich auf einer erdbebengefährdeten Verwerfungslinie und wurde so konstruiert, dass sie ein Ereignis, wie es nur einmal in 2.500 Jahren eintritt, ohne Schäden übersteht. Damit ist sie vermutlich die weltweit erste Anlage dieser Art.

Die kleine Stadt Pahiatua auf der neuseeländischen Nordinsel wurde zuletzt im Jahre 1934 von einem größeren Erdbeben der Stärke 7,6 getroffen und verwüstet. In jeder anderen Hinsicht ist die Anlage für die milcherzeugenden Betriebe in ihrem Einzugsgebiet ideal gelegen und verhindert, dass die Milchsammelwagen die Manawatu Schlucht überqueren müssen, was bei schlechtem Wetter gefährlich werden kann.

Kopie des Darfield 1 Trockners mit Fundamentkopplung
Der Bau einer Anlage mitten im neuseeländischen Erdbebengebiet stellt spezielle Anforderungen. In dem Bestreben, den Prozess zu beschleunigen und die Kosten niedrig zu halten, wurde entschieden, keine neue Anlage zu bauen, die den Erschütterungen standhält. Stattdessen wurde eine Kopie des vorhandenen Darfield 1 Trockners gebaut, diesmal allerdings mit einer Fundamententkopplung, mit der sich das Gebäude bewegen kann, falls es zu einem Beben kommen sollte. GEA wurde nicht nur mit der Bereitstellung der Prozesssanlagen beauftragt, sondern auch zusammen mit Ebert Construction mit den Bauarbeiten für das Projekt. Es gibt nur eine Handvoll anderer Gebäude in Neuseeland, die auf diese Weise geschützt sind, darunter das Parlamentsgebäude und das Nationalmuseum, beide in Wellington. Für eine kommerzielle Anlage ist dies ein Novum.

GEA hat bereits viele Referenzstandorte in Neuseeland für diese Art von Anlagen, unter anderem Darfield 2, wo der größte Milchpulvertrockner der Welt in Betrieb ist. Die gesamten Verarbeitungsanlagen wurden von GEA geliefert, unter anderem: Milchannahme, Lagerung, Nassverarbeitung einschließlich Standardisierung und Homogenisierung, Eindampfung, Trocknung, Pulverhandhabung, Verpackung und Wasserrückgewinnung. Der größte Teil der Anlage wurde von GEA vor Ort in Neuseeland gebaut, wobei einige spezielle Teile aus den unternehmenseigenen Werken in China geliefert wurden. Laut Gary Reynolds, Project Manager bei GEA, war die Gestaltung der Anlage unkompliziert, mit Ausnahme des Baus der Fundamententkopplung. „All diese Anlagen sind schon wegen ihrer schieren Größe besonders. Somit ähnelte die Anlage in Pahiatua vielen anderen Anlagen, die wir in Neuseeland schon gebaut haben.“

Weniger Chemikalien und längerer Anlagenbetrieb durch Umkehrosmoseanlage
Allerdings ist dieser Standort mit einer Umkehrosmoseanlage ausgestattet, die bis zu 2.000.000 Liter ‘Kuhwasser’ (aus dem Milchtrocknungsprozess gewonnenes Wasser) pro Tag für die Wiederverwendung in der Anlage verarbeiten und reinigen kann, wodurch die neue Anlage (P3) praktisch autark ist, was das Wasser betrifft. „Das aufbereitete Wasser wird dem Prozess wieder zugeführt, dadurch bleiben die Entsorgungskosten niedrig und es wird sichergestellt, dass Fonterra keine zusätzlichen Genehmigungen für Wasserressourcen braucht”, so Gary Reynolds. „Die Umkehrosmoseanlage wird auch Kesselspeisewasser in sehr hoher Qualität produzieren. Das heißt, wir müssen weniger Chemikalien verwenden, um das Dampfsystem vor Korrosion zu schützen, wodurch die Lebenserwartung der Anlage steigt und die Betriebskosten sinken.“

Die gesamt Anlage wiegt über 20.000 Tonnen, einschließlich des 40 Meter hohen Trockenturms. All das sitzt auf 50 Dreifach-Pendellagern, mit denen sich die gesamte Konstruktion um bis zu 900 mm seitlich bewegen kann. Dadurch kann das Gebäude einem Ereignis widerstehen, wie es nur einmal in 2.500 Jahren eintritt, ohne seine Standsicherheit zu verlieren. Jedes Lager mit 1,4 m im Quadrat wiegt 2,7 Tonnen und hat einen Teflonkern, der die Reibung reduziert. Die Lager wurden von einem Fachunternehmen in San Francisco geliefert, das solche Lager für den Erdbebenschutz herstellt. Weitere wesentliche Elemente der Konstruktion sind unter anderem: 3.400 m3 Beton mit einer Bewehrung von 400 Tonnen Stahl; die Hauptsäulen sind 17,5 m lang und wiegen jeweils 16 Tonnen; und die Wände des Turms bestehen aus 517 Betonplatten mit je 9 Tonnen Gewicht, die mit Gussbeton miteinander verbunden sind.

Einige technische Herausforderungen mussten gelöst werden
Obwohl das Hauptgebäude mit der Fundamententkopplung ausgestattet ist, ist das bei den Nebengebäuden nicht der Fall, was für GEA einige technische Herausforderungen darstellte. So muss beispielsweise jede Zuleitung für Dampf, Säure, Milch, Gas, Chemikalien oder Strom es aushalten, wenn sich das Gebäude um bis zu 900 mm in irgendeiner Ebene bewegt. „Wir haben für alle Zuleitungen Schlauchbögen verwendet, die ihnen genügend Spielraum und gleichzeitig ausreichend Festigkeit geben“, so Gary Reynolds. Die Bereiche, in denen Menschen arbeiten (Korridore zwischen den festen und fundamententkoppelten Abschnitten), müssen sich ebenfalls bewegen können, während der Betrieb innerhalb des Gebäudes unter kritischen Hygienebedingungen verläuft und jegliches Eindringen von Umgebungsluft absolut vermieden werden muss.

Obwohl die Anlage eine Kopie von Darfield 1 war und daher alle Edelstahlkomponenten schon vorzeitig fertig waren, verliefen die Gestaltung und der Bau der Anlage nicht ohne Schwierigkeiten. Das Gebäude besteht aus Betonfertigteilen, die in Otaki an der Westküste der Insel hergestellt und vor Ort aufgestellt wurden. Sie ermöglichen nicht nur einen schnellen Aufbau, sondern auch eine ausgezeichnete Schalldämmung. Gary Reynolds erläuterte allerdings, dass die Hauptsäulen mit 1.200 mm im Quadrat einfach zu groß waren, um außerhalb hergestellt zu werden, und dass sie deshalb vor Ort gebaut und gegossen werden mussten. Aber durch die enge Zusammenarbeit mit Fonterra waren alle potentiellen Probleme schnell beseitigt.

Anlage seit 18. August 2015 in Betrieb nach schneller Projektdurchführung
„Unser Ziel war es, die Art und Weise zu ändern, wie in Neuseeland gebaut wird“, erklärte Gary Reynolds. „Wir haben ein Projektteam aufgesetzt, in dem die Experten von Fonterra und GEA Seite an Seite gearbeitet haben. Zwischen uns, dem Auftraggeber und dem Bauträger, wurde sehr eng zusammengearbeitet. Das war ein gewaltiger Lernprozess, aber wenn wir ein Problem hatten, sprachen wir es einfach durch und fanden zusammen eine Lösung. Das ist eine sehr erfrischende Vorgehensweise. Wenn wir uns nicht einig waren, wurde das offen vorgebracht und ausdiskutiert.“

Die Anlage wurde mittlerweile in Betrieb genommen und produziert seit dem 18. August. Das sind weniger als zwei Jahre, seitdem der Auftrag bei GEA eingegangen war. Für eine Anlage dieser Größenordnung ist das schnell. Für ein so einzigartiges und innovatives Projekt ist das außergewöhnlich. Fonterra hat jetzt einen weiteren branchenführenden Standort in Neuseeland, der für die Milchbauern der Nordinsel einfach und ganzjährig erreichbar ist.